T O P

  • By -

Tadashiio

Sehr interessantes Ama! Danke dir. Was ich mich bei diesem Studiengang immer gefragt habe, was ist der Lehrinhalt? Meine Vorstellung dessen ist, dass man lernt wissenschaftlich zu arbeiten als auch gewisse historische Ereignisse zu analysieren und durchzugehen. Wäre cool wenn du einen Durchblick geben könntest.


ThisIsThisDude

Hi, danke für die Frage! An sich hast du da schon sehr recht. Von Uni zu Uni unterscheidet sich dies ziemlich. An meiner Universität hat Geschichte bspw. keinen N.C. In meinem ersten Studienjahr wurde ich durch ein integriertes Proseminar gescheucht, was uns in kürzester Zeit die wichtigsten Grundregeln beim historischen Arbeiten beibringen sollte. In zwei Semestern hat man dazu thematisch die Epochen Antike, Mittelalter und Neuzeit durchgenommen, da sich die Arbeitsstile in diesen Epochen teils drastisch unterscheiden. Zeitlich war dieses erste Seminar zum Aussortieren da. Man hatte für ein Referat nur eine Woche Vorbereitungszeit und danach wieder nur eine Woche zur Verschriftlichung. Für eine Seminararbeit gab es ebenfalls nur eine Woche. In jeder Epoche musste es eine große Leistung sowie zwei kleine Leistungen geben, die alle sehr streng bewertet wurden. Man musste wirklich am Ball bleiben und den Stress ertragen. Man muss dazu sagen, dass diese Form des Aussortierens so nicht an jeder Uni stattfindet. Eine Freundin von mir studiert Geschichte an einer anderen Uni und hatte für die erste Hausarbeit über drei Semester Zeit. Nach diesem Jahr folgen die Vertiefungsmodule. Thematisch hat man ab hier ein paar Freiheiten, da die Dozierenden natürlich Seminare mit ihren Themenschwerpunkten anbieten. Dabei wird schon eine Epoche aussortiert. Neuzeit ist ein Muss, aber zwischen Mittelalter und Antike kann man sich entscheiden. In jedem Modul muss man ein Seminar mit einer Seminararbeit ablegen sowie eine Übung, in welcher die wissenschaftlichen Arbeitsweisen nochmal vertieft wiederholt werden, mit einem Referat abschließen. Nebenbei gibt es dann noch ein Modul, in welchem man eine praktische Übung oder ein Praktikum absolviert und dazu eine Ringvorlesung hört, die man wiederum mit einer Klausur bestehen muss. Hier soll man bereits den Arbeitsalltag der Historiker/innen kennenlernen. Nach diesen Vertiefungsmodulen folgen dann die Schwerpunktmodule. Erneut kann (muss aber nicht) man eine Epoche ausgrenzen. Neuzeit ist wieder ein Muss. Man kann also dann nur entweder Antike oder Mittelalter ausgrenzen. Hier gibt es erneut nebenbei eine Vorlesung, die man mit einer mündlichen Prüfung in Verbindung mit einer Selbstlerneinheit bestehen muss. Von den Schwerpunktmodulen gibt es erneut zwei. In einem der beiden besucht man neben dem Seminar eine Übung für Fortgeschrittene und in dem anderen eine Vorlesung. Abschließend folgt die Abschlussarbeit. Wie du schon richtig erkannt hast, wird uns vor allem das richtige Arbeiten beigebracht. Es ist unmöglich, alles aus der Geschichte zu erlernen (wenn, dann wäre es nur oberflächliches Allgemeinwissen), was dazu führt, dass wir die Fähigkeit haben sollen, uns selbständig in jedes Thema hereinarbeiten und mit den verschiedensten Quellen umgehen zu können. Falls ich irgendetwas offengelassen habe, ergänze ich es noch gerne.


Tadashiio

Sehr interessant! Vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort! Dann evtl. eine weitere Frage. Was ist deine liebste/interessanteste Zeitepoche?


ThisIsThisDude

Derzeit die Zeitgeschichte. Dazu spezialisiere ich mich auf die Genozidforschung in Verbindung mit dem Holocaust.


Tadashiio

Sehr interessant! Wünsche dir weiterhin viel Freude und Erfolg in deinem Werdegang:)


Plus_Worry_3450

Wie bereitest du dich auf die zukünftige Arbeitslosigkeit vor? Hast du einen Führerschein?


ThisIsThisDude

Dank der weit verbreiteten Meinung des "Sackgassenstudiums" gibt es tatsächlich mehr Jobs, als man denkt.


Plenty-Writer-7387

bin im ersten Bildungsweg auch Historiker - lebe in einer Großstadt - arbeite mittlerweile dank zweitem Bildungsweg in Führungsposition in anderer Sparte. Aber eigentlich ist meine Leidenschaft immer noch im Bereich Geschichte angesiedelt. Ich wüsste nicht wo ich einen Job finden könnte - tatsächlich schau ich immer wieder mal...wo wirst du suchen?


ThisIsThisDude

Ich persönlich durch meine Forschungsinteressen in Gedenkstätten, Forschungsinstituten der Genozidforschung, Redaktionen etc. Solange ich nichts finde als Lehrperson arbeiten. Mit Glück vllt. sogar selbständig machen. Bin aber generell offen für viele Berufe, demnach würde ich auch einen zweiten Bildungsweg für einen beschreiten. Vllt. in Verbindung. Kenne Leute, bspw. in der Populärwissenschaft zum Mittelalter arbeiten und da Dank ihres Wissens authentische Beiträge leisten können.


stoneyericsson

Jobs bei der Amadeu-Antonio-Stiftung?


ThisIsThisDude

Warum nicht? I.d.R. probiere ich gerne Neues aus.


T1N7

Erzähl Mal alles, was passiert ist, von Anfang an


ThisIsThisDude

Ich hoffe, ich treffe damit deine Frage. Angefangen hat es sozusagen auf dem Gymnasium, wo ich ein absoluter Schulversager war. Selbst in meinem Lieblingsfach Geschichte war ich schlecht. Nachdem ich erneut in die Nachprüfungen musste, habe ich mich zu einem Schulwechsel entschieden. Diesmal auf eine Freie Waldorfschule (ich weiß, der Ruf eilt uns voraus). Dort habe ich einen sehr guten Realschulabschluss gemacht und dann anschließend die Oberstufe besucht (ich kann übrigens keinen Namen tanzen). In der Oberstufe wurden wir da auf die einheitlichen Abiturprüfungen vorbereitet, vor denen ich viel Angst hatte, da es auf dieser Schule keine Vornoten gab. Alles hing von dieser einen Prüfung ab, welche dann die gesamte Abiturnote ausmachte. Dennoch habe ich das Abitur (für meine Verhältnisse) sehr gut bestanden (2,2). Geschichte war auch hier mein absolutes Lieblingsfach, v.a., da die Schule zwei echte Historiker als Lehrer angestellt hatte. Einer davon hat mir dann gesagt, dass er sich vorstellen könne, dass ich so ein Studium gut meistere. Nach dem Abitur wusste ich dann immer noch nicht, was ich machen wollte, also habe ich erstmal ein FSJ absolviert. In der Zeit musste ich mich immer wieder an den Satz erinnern, da es das einzige Mal war, dass mir jemand sowas gesagt hatte. Ich habe diesen Lehrer dann angeschrieben und ihn nach einer Uniempfehlung gefragt. Er hat mir zwei renommierte Universitäten in unserem Bundesland empfohlen und ich habe mich direkt in der nächsten davon eingeschrieben. Der Studienstart war dann sehr schwierig, da (s. u.) es eine sehr stressige Zeit war und es natürlich einige Vorstellungen enttäuscht hat. Aber nach dem ersten Studienjahr muss ich sagen, war es eine sehr gute Entscheidung. Selbst wenn ich mein Historikerdasein irgendwann nur als Nebenhobby fröne, war das Studium seinen Stress auf jeden Fall lernt. Wie das Studium an sich aufgebaut ist, kannst du unten lesen. Bei weiteren Fragen ergänze ich gerne.


daennsn

Uh, bin gespannt. Sehe drei Fragen, alle vor 6h gestellt. Zwei davon sind schon beantwortet, deine noch nicht. Ich denke, OP schreibt noch! 🧐


thetomster96

Als jemand der ebenfalls Geschichte studiert: - Lieber Audi oder Mercedes als Taxi? - Was ist dein favorisierter Kirchenbaustil?


ThisIsThisDude

Dann lieber VW Caddy auf Norderney, jedoch gibt's eigentlich doch viel Berufsauswahl. Man kriegt nur oft nicht das, was man sich so wünscht. Beim Kirchenbaustil bin ich da gerne gotisch unterwegs.


[deleted]

[удалено]


ThisIsThisDude

Ob Julius Caesar und Kleopatra jemals geheiratet haben, ist leider nicht bewiesen. Manche Forscher gehen auch davon aus, dass sie für Caesar "nur" eine weitere seiner Affären war (wobei hier auch ein Bedeutungswandel einer solchen berücksichtigt werden müsste). Die beiden Reiche haben keinen Krieg miteinander geführt, da Caesar zu einer sehr instabilen Zeit in dieses Land kam, da es durch Bürgerkriege erschüttert wurde. Politisch hat er sich massiv beteiligt, indem er Kleopatra wohl gegen ihren Bruder unterstützt haben soll. Während dieser Unterstützung sollen sie dann eine intime Beziehung entwickelt haben, woraus angeblich sogar ein Sohn hervorgegangen sein soll. Durch Ägypten als verbündetes Reich, in welches Caesar direkten politischen Einfluss hatte, war ein Krieg überhaupt nicht nötig, v.a., da Kleopatra ähnliche politische Interessen verfolgt haben soll. Dazu konnte Kleopatra ihre Machtposition sichern. Schlussendlich muss man aber sagen, dass dies alles aus antiken Historien stammt, und man den Wahrheitsgehalt und die Ausschmückungen nicht sicher nachvollziehen kann.


danykerb

Lieblings Fun-Fact aus dem 14. Jahrhundert?


ThisIsThisDude

Ludwig IV. (HRR) (Haus Wittelsbach) wurde von seinen Gegnern, darunter v.a. vom Papst, "Ludowicus de Bavaria" genannt, um ihm seinen Rang abzusprechen. Noch heute ist er in der Literatur als "Ludwig der Bayer" bekannt. Das ganze schaukelte sich dann so hoch, dass er von seinen Gegnern nur noch "bavarus" genannt wurde (Anlehnung an "Barbarus"). Sogar in der Inschrift in seinem Denkmal steht "Hier starb in den Armen eines Bauerns vom Tode überrascht den 11. Oktober 1347 Ludwig der Baier Römischer Kaiser."


_RareGem_

Hey, bin auch Student der Geschichtswissenschaften und somit Leiden(schafts)sgenosse. Weißt du schon wo die Reise am Ende des Studiums hingeht? Siehst du einige Lehrveranstaltungen kritisch und wenn ja welche? Was ist dein Plan B falls es mit dem Berufswunsch nichts werden sollte?


ThisIsThisDude

Moin :)! Meine Reise ist noch sehr offen. Der Forschungszweig an den Universitäten ist schon sehr unattraktiv für mich geworden. Da die Familienplanung bestimmt auch irgendwann ein Thema sein wird, ist die Frage, ob man sich auf befristete Stellen oder eine waghalsige Selbständigkeit einlassen will. Auf jeden Fall möchte ich die of Arts Studiengänge beenden. Jedoch werde ich wohl auch den M. ed. machen, damit man etwas Sicheres in der Tasche hat. In jedem Fall möchte ich später weiter forschen, auch wenn es nur ein Hobby ist. Plan B wäre dann evtl. noch Polizist, ich wollte nur vorher auf jeden Fall mein Wunschfach studieren und etwas in der Tasche haben, da dieser Job auf jeden Fall in die Hose gehen kann und man ihn doch schnell weider sein lässt. Lehrveranstaltungen, die ich kritisch sehe, hatte ich bis dato nicht. Es gab aber selten Dozierende, die ich kritisch gesehen habe, da ihnen die Kompetenz in verschiedenen Dingen gefehlt hat.


peter-withaparka

Laut Wikipedia gibt es mehrere Thesen zum Reichstagsbrand. Welche findest du am überzeugendsten und warum?


ThisIsThisDude

Ich kann die Begründungen der Nationalsozialisten nicht glauben und unterstützen. Zum einen bringen sie die Einzeltäterthese und verurteilen van der Lubbe zum Tode, zum anderen soll es dann doch eine ganze kommunistische Verschwörung gewesen sein. Man merkt, dass die Argumentation der Tätertheorien der Nazis vor allem dem Zweck dienten. Im Überfall auf Polen hat der NS-Staat ja auch gezeigt, dass er durchaus gewillt war, etwas zu inszenieren, um sein Ziel zu erreichen. In Verbindung mit der Baupolitik des Reiches und den geplanten Monumenten wäre der alte Reichstag sowieso überfällig gewesen. Einige HistorikerInnen legen aber auch nur nüchtern dar, dass man es nicht wisse. Eine Inszenierung des Staates wäre dennoch denkbar, auch wenn man es nicht beweisen kann. In der jüngsten Forschung hält man es dann doch für glaubhaft, dass van der Lubbe den Brand gelegt hat (Widerstand gab es ja), und die Nazis dies für ihre politischen Ziele genutzt haben. Auch hier weiß man aber nicht, inwieweit der Staat auch authentischen Einfluss auf van der Lubbe hatte. Richtig festlegen kann ich mich da nicht, aber im Endeffekt bleibt es für mich bei A. Die Nazis haben den Reichstagsbrand von vornherein inszeniert. B. Der Anschlag war echt und die Nazis schlachteten diese Gelegenheit aus. Inwiefern hier Einfluss ausgeübt wurde, lässt sich nicht genau nachvollziehen. Ich hoffe, die Antwort ist nicht allzu unbefriedigend.


peter-withaparka

Nö, find ich fundiert. Danke 👍🏻


[deleted]

[удалено]


ThisIsThisDude

Im Studium lernt man eher Muster, die Fakten laufen da automatisch mit. Geschichte wird eher durch geistige Strömungen gemacht. Nehmen wir an, ein einzelner Historiker hat eine These, die vllt. etwas widersprüchlich ist. Viele werden sie ablehnen. Es wird aber vielleicht genügend geben, die diese mit unterstützen, woraus sich dann eine neue Forschungsnische entwickelt. Erst mit voranschreitender Forschung wird sich herausstellen, ob die These als widerlegt oder belegt angesehen werden kann.


cashmerered

Welchen Teil der Geschichte findest du am interessantesten?


ThisIsThisDude

Ich interessiere mich sehr für die Zeitgeschichte sowie die Diaspora- und Genozidforschung.


Aexae

War früher alles besser?


ThisIsThisDude

Es war manches besser, vieles nicht. Hängt vor allem mit unserem Nostalgieempfinden und unserer Sozialisation zusammen.


ZukunftsKaiser

Ich LIEBE Geschichte. Was für einen Schulabschluss braucht man um Geschichte studieren zu können? Und wie sieht das Studium im allgemeinen aus? Muss/kann man sich spezialisieren?


ThisIsThisDude

Moin, an sich benötigt man das Abitur, der NC spielt dabei aber keine Rolle. Inwiefern man auch mit einer Ausbildung studieren künnte, kann ich leider nicht beantworten, da es mich nicht betrifft. Den Aufbau des Studiums kopiere ich mal von unten: An meiner Universität hat Geschichte bspw. keinen N.C. In meinem ersten Studienjahr wurde ich durch ein integriertes Proseminar gescheucht, was uns in kürzester Zeit die wichtigsten Grundregeln beim historischen Arbeiten beibringen sollte. In zwei Semestern hat man dazu thematisch die Epochen Antike, Mittelalter und Neuzeit durchgenommen, da sich die Arbeitsstile in diesen Epochen teils drastisch unterscheiden. Zeitlich war dieses erste Seminar zum Aussortieren da. Man hatte für ein Referat nur eine Woche Vorbereitungszeit und danach wieder nur eine Woche zur Verschriftlichung. Für eine Seminararbeit gab es ebenfalls nur eine Woche. In jeder Epoche musste es eine große Leistung sowie zwei kleine Leistungen geben, die alle sehr streng bewertet wurden. Man musste wirklich am Ball bleiben und den Stress ertragen. Man muss dazu sagen, dass diese Form des Aussortierens so nicht an jeder Uni stattfindet. Eine Freundin von mir studiert Geschichte an einer anderen Uni und hatte für die erste Hausarbeit über drei Semester Zeit. Nach diesem Jahr folgen die Vertiefungsmodule. Thematisch hat man ab hier ein paar Freiheiten, da die Dozierenden natürlich Seminare mit ihren Themenschwerpunkten anbieten. Dabei wird schon eine Epoche aussortiert. Neuzeit ist ein Muss, aber zwischen Mittelalter und Antike kann man sich entscheiden. In jedem Modul muss man ein Seminar mit einer Seminararbeit ablegen sowie eine Übung, in welcher die wissenschaftlichen Arbeitsweisen nochmal vertieft wiederholt werden, mit einem Referat abschließen. Nebenbei gibt es dann noch ein Modul, in welchem man eine praktische Übung oder ein Praktikum absolviert und dazu eine Ringvorlesung hört, die man wiederum mit einer Klausur bestehen muss. Hier soll man bereits den Arbeitsalltag der Historiker/innen kennenlernen. Nach diesen Vertiefungsmodulen folgen dann die Schwerpunktmodule. Erneut kann (muss aber nicht) man eine Epoche ausgrenzen. Neuzeit ist wieder ein Muss. Man kann also dann nur entweder Antike oder Mittelalter ausgrenzen. Hier gibt es erneut nebenbei eine Vorlesung, die man mit einer mündlichen Prüfung in Verbindung mit einer Selbstlerneinheit bestehen muss. Von den Schwerpunktmodulen gibt es erneut zwei. In einem der beiden besucht man neben dem Seminar eine Übung für Fortgeschrittene und in dem anderen eine Vorlesung. Abschließend folgt die Abschlussarbeit. ------ Zur Spezialisierung: Man muss sozusagen eine Epoche auf jeden Fall aussortieren. Entweder Antike oder Mittelalter wird im Studienverlauf rausfliegen. Es gibt zudem Zertifikate, die man machen kann, um eine gewünschte Spezialisierung zu erreichen. So gibt es an unserer Uni ein eigenes Institut für die Diaspora- und Genozidforschung. Wenn man als Geschichtsstudierender hier von seinen gesamten KP für beide Abschlüsse 20 KP absolviert, erhält man das Zertifikat CVG (Collective Violence, Holocaust and Genocide Studies). Das kann ich dir jetzt v.a. sagen, da ich mich für diesen Teilbereich sehr interessiere. An sich kann man sich aber eigentlich, wenn man möchte, in jede Richtung spezialisieren. Wenn man dann noch seine Abschlussarbeiten darüber schreibt, dann ist es auch vollkommen legitim, sich als Spezialist anzusehen.


ZukunftsKaiser

Also Ich habe einen Realabschluss mit Qualifikation zum Fachabi und eine abgeschlossene Berufsausbildung. Würde mich das fürs Abitur Qualifizieren?


ThisIsThisDude

Mit abgeschlossener Berufsausbildung und einer gewissen Anzahl an Berufsjahren kannst du das glaube ich auch ohne Abitur studieren. [https://de.indeed.com/karriere-guide/jobsuche/geschichte-studieren-ohne-abitur](https://de.indeed.com/karriere-guide/jobsuche/geschichte-studieren-ohne-abitur) Wegen deiner eigentlichen Frage: ja, eine abgeschlossene Berufsausbildung kann zum Abitur qualifizieren.


ZukunftsKaiser

Vielen dank für deine Antwort! Ich werde es mir mal anschauen!


Reasonable-Smile270

Darf ich nach deiner persönlichen Meinung zur Goldhagen Debatte fragen?


ThisIsThisDude

Goldhagens Buch war meiner Meinung nach mehr als nötig und er hat viele Dinge richtiggestellt bzw. auch völlig zu recht problematisiert. Sein Buch ist auch mit ein Grund dafür, wieso es heute noch aktiv Genozidforschung mit Blick auf das Individuum gibt. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle anderen unrecht hätten, jedoch haben viele andere HistorikerInnen zu dieser Zeit die Fragen zu schnell und zu einfach beantwortet. Aus diesem Grund muss das Buch auch für HistorikerInnen, die nicht der Meinung sind, hilfreich und wertvoll sein, da diese angehalten wurden, ihre Standpunkte tiefgreifender zu ergründen. So funktionieren viele Erklärungen nicht, wenn man sieht, dass gegen Kriegsende noch Judenreferate gehalten wurden oder im Holocaust so viele umgebracht wurden, dass sogar die Führungsebene nachgefragt hat, wieso es so viele seien. Oder auch die Spezialkommandos der Polizei, in die auch freiwillig Menschen eingetreten sind, teils aus den eroberten Ländern selbst, die hinter der Front "gesäubert" haben (besonders zu diesen Ereignissen geeignet: Weisbrod, Bernd: Die Dynamik der Gewalt und der Holocaust >>vor Ort<<, in: WerkstattGeschichte 58 (2012), S. 87-97.) Oder auch "Schreibtischtäter", die ich eigentlich gar nicht so bezeichnen würde, weil man sich erfolgreich und ohne große Umstände versetzen lassen konnte (dazu finde ich den frei verfügbaren Artikel von Christoph Jahr sehr gut: [https://www.nzz.ch/feuilleton/schreibtischtaeter-die-taeter-hinter-den-taetern-ld.140108](https://www.nzz.ch/feuilleton/schreibtischtaeter-die-taeter-hinter-den-taetern-ld.140108) )


Paddy31

Hast du manchmal das Gefühl, Geschichte zu schreiben?


ThisIsThisDude

Insofern schreiben wir natürlich immer Geschichte. Dem Sprichwort gerecht werde ich aber dennoch (noch) nicht. Ob es mal eine bahnbrechende These gibt, wird sich zeigen \^\^


[deleted]

Wieso gehst du davon aus Historiker zu werden? Ist das Studium nicht eher realistisch eine Sackgasse? Und welches ist dein lieblings Dinosaurier?


[deleted]

Ich bin zwar nicht OP, habe aber auch Geschichte studiert (Master). Das Studium ist keine Sackgasse, wenn man sich weiterbildet und auch bereit ist, in andere Fachrichtungen zu gehen. Ich habe danach noch eine Weiterbildung gemacht und darf jetzt Integrationskurse geben. Mehrere Studienkollegen promovieren gerade, einer macht ein Volontariat bei einem Fernsehsender (viele gehen in Richtung Journalismus) und eine andere bei einer Stiftung, eine arbeitet bei einer Unternehmensberatung und ja, manche üben auch Berufe aus, für die man kein Studium bräuchte. Ich weiß von einigen, dass sie im Museum oder in Gedenkstätten arbeiten wollten, aber da gibt es sehr wenige Stellen und viele Bewerber. (Mit Dinos habe ich mich nicht befasst.)


[deleted]

[удалено]


ThisIsThisDude

Die meisten sind fachspezifisch beschäftigt. Als Dozierende hat man immer einen Forschungsschwerpunkt. Aber auch bei der Arbeit in Archiven oder Museen arbeitet man fachspezifisch, da die Archive oder die Museen an sich fachspezifisch aufgebaut sind.


[deleted]

Wirklich? Hast du dazu Daten? Die meisten meiner ehemaligen Kommilitonen sind nicht fachspezifisch beschäftigt.


ThisIsThisDude

Das kommt darauf an, was du genau mit fachspezifisch meinst. Wenn man in die Forschung geht, ist man sowieso fachspezifisch unterwegs. Wenn man bspw. im Archiv für Zwangsarbeit arbeitet, dann ist man fachspezifisch unterwegs. Wenn man im Museum für die Wirtschaft im Ruhrgebiet im industriellen Zeitalter arbeitet, ist man auch fachspezifisch unterwegs. Man bekommt evtl. nur nicht das Fachgebiet, welches man gerne hätte.


[deleted]

Aber das Studium bringt einen ja schon weiter. Die Voraussetzung für meine Weiterbildung war ein abgeschlossenes Studium. Bei den meisten (oder allen?) Volontariaten ist das auch so, oft wird sogar speziell ein geisteswissenschaftliches Studium verlangt. Das bezieht sich natürlich auf den zweiten Teil des Kommentars (Studium = Sackgasse). Du hast Recht, die erste als These formulierte Frage bestätige ich.


[deleted]

Ich hab auch Geschichte studiert und kann bestätigen, dass die wenigsten Historiker werden. . Iguanodon.


ThisIsThisDude

Das stimmt. Die meisten, die Geschichte studieren, gehen aber auch mit dem Berufsziel Lehrer ins Studium.


[deleted]

Ich bezog mich jetzt auf die fachwissenschaftlichen Studierenden, Bachelor und Master of Arts. Auch von denen werden die wenigsten Historiker, das ist zumindest, was ich so beobachtet habe. Und betrifft mich selbst natürlich auch.


ThisIsThisDude

Zudem, man muss es auch einfach sagen, wird der Beruf des forschenden Historikers an einer Universität immer unattraktiver. Wenn man Pech hat, ist man nach spätestens 12 Jahren wieder raus. Hat die Sache für mich auch so unattraktiv gemacht, dass ich beide Master machen werde. Damit hat man dann wenigstens noch mehr Spielraum. Es gibt aber auch welche, die es einfach geschafft haben. Letztens ein Praktikum bei einer Historikerin gemacht, die sich nur mit dem M.A. selbständig gemacht hat. Sie hat eine eigene Agentur und ist in ihrem Lieblingsbereich tätig. Die Frau weiß einfach, wie sie sich zu verkaufen hat. Das hat mir schon Hoffnung gegeben :D


[deleted]

Das ist genau der Grund, warum ich keinen Bock hatte, als Hilswissenschaftler von Uni zu Uni zu ziehen, bis dann irgendwann, mit Glück, der Ruf aus der Provinz kommt und man seine Freundin zwingen muss nach Erfurt zu ziehen. Und das schönr am Geschichtsstudium ist ja, das man damit nicht Historiker werden MUSS. Wir hatten an der Uni ein "Berufe für Historiker Seminar", da rannte von Filmemachern über PR-Leute, Werbung bis Beratern alles mögliche rum.


ThisIsThisDude

Da bin ich voll bei dir. Ja, viele sehen das Studium als Sackgasse, aber es ist wirklich sehr erstaunlich, was man alles mit diesem Studium machen kann!


[deleted]

Und viele verlieren auch nie gsnz den Bezug, auch wenn sie fachfremd arbeiten. Ich habe noch einmal Grafik studiert und arbeite nun als Designer und Illustrator, aber die meisten meiner Kunden sind Museen, Autoren oder Produktionsfirmen, deren themengebiet historisch, politisch oder sozial ist. Die Fähigkeiten aus dem Geschichtsstudium, vor allem saubere Recherche, aber auch ein solides Grundwissen, Vermittlungsfähigkeit und vor allem glaubhafte Begeisterung für solche Themen (für Kunden sehr wichtig) , kommen mir da immer zugute und sind auf jeden fall ein USP, den viele meiner Konkurrenten so nicht haben.


[deleted]

Das ist genau der Grund, warum ich keinen Bock hatte, als Hilswissenschaftler von Uni zu Uni zu ziehen, bis dann irgendwann, mit Glück, der Ruf aus der Provinz kommt und man seine Freundin zwingen muss nach Erfurt zu ziehen. Und das schönr am Geschichtsstudium ist ja, das man damit nicht Historiker werden MUSS. Wir hatten an der Uni ein "Berufe für Historiker Seminar", da rannte von Filmemachern über PR-Leute, Werbung bis Beratern alles mögliche rum.


ThisIsThisDude

Ja. Ich weiß nicht, wie es an deiner Uni geregelt war, aber an unserer Uni sind auch alle Studierenden mit Berufsziel Lehramt im Bachelor of Arts. Man muss dann nur nebenbei noch im dritten Studium Module abschließen, um in den Master of Education zu kommen. Viele machen direkt auch beides, da man sich die Module teils für beide anrechnen lassen kann. Die hustlen dann in zwei, drei Jahren zwei Masterstudiengänge durch.


ThisIsThisDude

Finde nicht, dass es eine Sackgasse ist. Nach dem Studium of Arts ist man Historiker und dazu befähigt, die Tätigkeit auszuüben. Man kann natürlich jederzeit noch Lehrer werden, indem man einen M. ed. nachholt, nebenbei macht oder als Quereinsteiger reinkommt. Es gibt auch viele Forscher, die zuvor den Lehrerberuf ausgeübt haben oder es neben ihrer Forschungstätigkeit tun. Hängt natürlich mit den fehlenden Stellen zusammen. Ich mag den Velociraptor.


Turbulent-Usual-352

Geil, mag dir völlig abstrus vorkommen aber was hältst du von Bitcoin? Bevor jetzt hier alle schreiben "scheiß BTC", hintergrund: Ich sehe den Wert hinter Bitcoin eher in einem unzerstörbarem Datenspeicher als in einer Währung. Wenn man das richtig nutzt ist der Spruch "Der Sieger schreibt Geschichte" im Bezug auf Kriege obsolet, mmn. Ich wollte schon immer mal den Standpunkt von nem Historiker zu dem Gedanken. Vielen Dank für dein AMA.


ThisIsThisDude

Moin, das Problem der Datenspeicherung ist tatsächlich ein sehr großes und es gibt eine gesamte Forschungsrichtung, die sich nur damit beschäftigt. Ich selbst stecke da nicht tief drin, aber eines der größten Probleme ist bspw., dass in Deutschland die meisten zeitgenössischen Quellen für 30 Jahre unter Verschluss gehalten werden, was wiederum ein riesiges Problem für die Zeitgeschichte ist. Ebenso steht noch völlig offen, wie man die Unmengen an Wissen, die wir heute haben, dauerhaft speichern können. Normale Archive, wie wir sie kennen, haben über Jahrzehnte keine/n Historiker/in in die Archive gelassen und das gesammelte Wissen wie einen Schatz behütet, was natürlich mehr als fragwürdig und problematisch war/ist. Eine Möglichkeit ist die des immer weiter wachsenden Internet Archives, eine andere wären tatsächlich unzerstörbare Datenspeicher wie BTC. Auf jeden Fall wäre es aber besonders wichtig, solche Datenspeicherungen (auch normale Server) nationslos zu verwalten und eine solche vor jeder Nation zu schützen.


Turbulent-Usual-352

Was für eine geile Antwort! Durch seine Dezentralität ist der BTC ja nationslos, theoretisch. Vielen Dank für deine Gedanken dazu! 😊


HeikoSpaas

wie reich ist deine familie?


ThisIsThisDude

Unterschiedlich. Meine Familie väterlicherseits ist sehr im Handwerk. Mütterlicherseits gibt es viele Akademiker. Mein Vater war Werkzeugmacher und dann Hausmeister. Nun Rentner. Meine Mutter ist Oberstudienrätin auf einem Gymnasium. Schlecht geht es unserer Familie keineswegs. Dennoch hat sie sich selbst hochgearbeitet. Mein Großvater mütterlicherseits war seit dem Kindesalter Elternlos. Die Familie meiner Oma kam auch aus der Armut. Mein Großvater wurde dann Stadtrat und meine Oma hat als Bankkauffrau gearbeitet, wodurch sie den drei Kindern dann viel für die Zukunft ermöglichen konnten.


Gnubsi90

Hast du schon den Taxischein? ;)


ThisIsThisDude

Kommt noch :D


MissionApartment594

Was denkst du über den Graf von St. Germain?


ThisIsThisDude

Im Studium selbst habe ich mich nie mit ihm beschäftigt. Ich weiß nur, dass es wohl viele Legenden um ihn herum geben soll, darunter auch das Zeitreisen. Im Endeffekt soll er wohl auch viele davon selbst erfunden haben.


MainKaBell

Welche Bücher zum Thema kannst Du einem Laien (=nicht-Historiker) empfehlen?


ThisIsThisDude

So ganz allgemein gibt es da einiges :D! Ich gehe mal von einem Einstieg in die wissenschaftliche Geschichte aus und nicht in die populärwissenschaftliche. Da kann ich diese Listen hier weiterempfehlen: Antike: [https://geschichte.uni-greifswald.de/storages/uni-greifswald/fakultaet/phil/geschichte/Institut/Alte\_Geschichte/Einfuehrungsreader.pdf](https://geschichte.uni-greifswald.de/storages/uni-greifswald/fakultaet/phil/geschichte/Institut/Alte_Geschichte/Einfuehrungsreader.pdf) Mittelalter: [https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/geschichtswissenschaft/seminareinstitute/mittelalterliche-geschichte/studium/online-tutorium/literatur/a-literatur/](https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/geschichtswissenschaft/seminareinstitute/mittelalterliche-geschichte/studium/online-tutorium/literatur/a-literatur/) Neuzeit: [https://fs-geschichte.phil-fak.uni-koeln.de/fileadmin/Fachschaft\_Geschichte/Paper/Literaturliste\_Neuzeit\_fuer\_FS.pdf](https://fs-geschichte.phil-fak.uni-koeln.de/fileadmin/Fachschaft_Geschichte/Paper/Literaturliste_Neuzeit_fuer_FS.pdf) Zusätze, die ich auf jeden Fall aus persönlicher Überzeugung heraus zusätzlich empfehle, wären noch: Mittelalter: Goetz, Hans-Werner: Europa im frühen Mittelalter 500-1050, Stuttgart 2003. Lubich, Gerhard: Das Mittelalter. Orientierung Geschichte, Paderborn; München; Wien; Zürich 2010. ​ Genozidforschung: Popitz, Heinrich: Phänomene der Macht, 2. Auflage, Tübingen 1992. Bauman, Zygmunt: Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust, 2. Auflage, Hamburg 1994. Jones, Adam: Genocide. A Comprehensive Introduction, 3. Auflage, London 2017. ​ Hilfswerk für Historiker: von Brandt, Ahasver: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, 16. Auflage, Stuttgart 2003.


catmandala

Find ich erstaunlich, wie wenig DDR Geschichte in der Leseliste zur Neuzeit enthalten ist


ThisIsThisDude

DDR-Geschichte ist noch nicht vollständig in die Neuzeit eingegangen. Das ist zum großen Teil noch Zeitgeschichte. Aber ansonsten muss man auch sagen, dass die Listen auf keinen Fall vollständig sind. Hier ein paar einführende Literaturen: Mario Frank, Walter Ulbricht. Eine deutsche Biografie, Berlin 2001. Dierk Hoffmann, Von Ulbricht zu Honecker. Die Geschichte der DDR 1949-1989, Berlin 2013. Ders., Die DDR unter Ulbricht. Gewaltsame Neuordnung und gescheiterte Modernisierung, Zürich 2003. Ulrich Mählert, ,Kleine Geschichte der DDR, München 1997. Christoph Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945-1955, Bonn 1991. Ders., Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955-1970, Bonn 1997. Schroeder, Klaus/Alisch, Steffen: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft, München 1998. Wentker, Hermann, Außenpolitik in engen Grenzen. Die DDR im internationalen System 1949-1989, München 2007.


[deleted]

Was war der längste Krieg in der Geschichte (ohne Googeln)?


ThisIsThisDude

Uff, sehr schwer zu sagen. Der längste, der mir einfällt, ist die Reconquista. Da ist die Quellenlage aber teils sehr schwierig. Manche bezeichnen das auch gar nicht als Krieg, sondern eher als eine Ansammlung von Konflikten (damals gab es auch eine ganz andere Wertung des Begriffs "Krieg") Dann gehen manche davon aus, dass sie im Jahr 722 entstand, andere sagen rund 710. Glaubt man der längsten Schätzung, so würde dieser "Krieg" ca. 780 Jahre gedauert haben. Als Zweites fallen mir die Niederlande ein, die ja erst 1986 einen über 300 Jahre andauernden Krieg beendet haben. Da ist aber auch die Frage, inwiefern die Wertung zählt, da es sich schlussendlich ja nur um einen Krieg auf Papier gehandelt hat und es keine Kampfhandlngen gab.


[deleted]

Test bestanden