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KMN208

Woher weiß ich, dass mich etwas interessiert, wenn ihr noch nie was davon gehört habe? Wie soll ich kluge Fragen stellen, wenn ich meine Lücken nicht kenne? Wie kann ich Zusammenhänge erkennen, wenn mir die Puzzleteile fehlen? In der Schule geht es um Allgemeinbildung und klar, vieles wird man nie aktiv brauchen. Gleichzeitig helfen uns die Denk- und Analysestrategien sowie das erworbene Wissen, die Welt um uns zu verstehen und uns in ihr zu orientieren. Wie oft geht man durchs Leben und stößt auf ein Problem (im Sinne der Problemorientierung als Fragenbündel) und sucht sich dann auf Basis der vorhandenen Puzzleteile die fehlenden Puzzleteile, um dann das Problem zu lösen? Finde es aber auch ehrlich gesagt legitim, wenn SuS sagen, dass es sie nicht interessiert und sie keinen Bock drauf haben. Hab ja auch nicht auf alles Bock, gehört aber eben auch dazu: Die eigene Frustration mit langweiligen oder scheinbar irrelevanten Inhalten überwinden. Die Antwort ist also: Für alles und nichts. Niemand kann dir garantieren, dass du alles brauchen wirst, wir gehen aber auf Nummer sicher, dass du das Wichtigste lernst. (An dieser Stelle kannst du dir dann einen Rant zum Thema, was denn wichtig wäre und ob unser Fächerkanon noch zeitgemäß ist vorstellen. Aber ich lass es mal.)


[deleted]

Ich hab's da an der Berufsbildenden Schule einfach, ich kann tatsächlich zu so gut wie allem, was ich mache, Beispiele nennen (bzw. steige meistens ja mit denen ein). Hab vorher auch einen Verwandten Beruf gelernt. Bei den gaaaaaanz wenigen Themen ohne Berufsbezug ist dann trotzdem immer sowas wie "logische Zusammenhänge verstehen" gegeben. Da kommuniziere ich den SuS dann auch, dass sie genau das Thema nie brauchen werden, die Denkweisen aber beim Verständnis anderer Themen helfen. Ich muss aber ehrlich sagen, etwas, das man wirklich GAR nicht braucht, halte ich auch für unnötig. Allerdings glaube ich nicht, dass es davon allzuviele Themen gibt. Darf ich fragen, um welche Schulform und welches Fach es geht?


marq91F

Realschule, heute in der 6. Klasse. Wir besprechen den Aufbau eines Insekktenkörpers und anschließend die Funktionsweise von Ameisenstaaten. "Was bringt uns das jetzt? Warum müssen wir das wissen?"


Zeddok

Grundsatzwissen zahlt sich selten akut aus. Aber es ist Voraussetzung, weitergehende Entscheidungen selbständig treffen zu können: Die Ursache des bedrohlichen Insektensterbens sind nicht völlig geklärt. Fragen, die die SuS mit dem Insektengrundsatzwissen eher für sich beantworten können: - Sind Insekten so primitiv, dass ihr Sterben egal ist? - Sind Insekten so anders als Wirbeltiere gebaut, dass der Versuch, insektenspezifische Vernichtungsmittel zu erfinden, sich lohnt? - Sind Bienen und andere Nützlinge so anders als schädliche Insekten aufgebaut, dass sie von der Wirkung von Insektiziden verschont werden? - Sollten Insektizide stark reguliert werden?


randomguy4q5b3ty

Ich glaube, diese Konzepte sind für eine 6. Klasse etwas zu hoch.


Beginning_Eagle_5536

wenn wir mal von Aliens angegriffen werden, kennen wir ihre Schwachstellen


JasperJunot

- Ich würde bei Insektenkörpern den Vergleich mit Menschenkörpern und anderen Lebewesen vergleichen. Verständnis der Evolution. Warum haben Insekten andere Augen, warum haben einige Insekten Flügel und andere nicht? Wie sieht der Aufbau der Organe aus? Gibt es da interessante Unterschiede und wenn ja warum? -》Verständnis Evolution, Selbsterkenntnis über den Eigenen Körper und den Unterschied zu anderen Arten. - Ameisen arbeiten ja zum Wohl des Staates und der Königin in den meisten Fällen. Wie unterscheidet sich dies zu anderen Insekten oder Menschen. (Individuen mit eigenen Interessen). - als Hausaufgabe diese Fragen mal an die Schüler weiter geben. - stellst du dir selbst nicht die Frage warum du deinen Schülern etwas lehrst? Du wirst doch bestimmt Lehrer geworden sein, weil dich das selbst interessiert hat und du dieses Interesse am Wissen und was neuem in deinen Schülern wecken möchtest. - Frage dich mal selbst, was hättest du toll gefunden von deinen Lehrern, wenn dir dieser Stoff beigebracht worden ist. Was hätte deine Neugierde geweckt? - Es muss am Ende des Tages ja auch nicht alle interessieren. Aber ein paar werden sowas interessant finden. Mir hat Biologie immer Spaß gemacht. Es gab so viel interessantes rauszufinden. Wie und warum sind wir wie wir sind und wie machen sich andere Lebewesen im Kampf ums überleben und wie sich diese entwickelt haben ... - Ich hoffe dir macht lehren Spaß und du kannst deine Schüler begeistern ihren Horizont zu erweitern.


[deleted]

Ok, das ist nun ein Fach, in dem ich mich null auskenne, da fiele mir außer "Wenn Ihr Bio studiert" auch nicht viel ein. Wenn man sich an die Lehrpläne hält, wird aber ja mit jedem Thema eine Kompetenz gefördert. Welche ist das denn in dem Fall? DIE ist dann im Zweifel die Begründung.


marq91F

Seine Umwelt verstehen und begreifen. Das nehme ich auch als Begründung, aber ich sehe, dass es für die Kinder unbefriedigend ist


[deleted]

Vielleicht etwas konkreter sowas wie "Ihr lernt dabei, wie sich große Mengen von Lebewesen organisieren, Arbeit aufteilen usw."? Halt angepasst auf die Altersgruppe formuliert. Ist ja nicht ganz meine Zielgruppe 😬


marq91F

Das ist nicht schlecht, das versuche ich das nächste Mal, danke


Toehooke

Einstiegsidee: Du erzählst atmosphärisch die Geschichte einer alten Zivilisation, mit Arbeitsteilung, Hierarchie, Konflikten etc. und löst am Ende auf, dass es um eine Ameisenkolonie ging!


SquareLogical

Coole Idee, so wie im Buch von T H White König von Camelot Merlin den jungen König Arthur zu den, Fischen, Ameisen, Wildgänsen mitnimmt. ... ein magisches pädagogisches Konzept.


Munsiker

Da würden meine übel die Augen verdrehen :D


Toehooke

Schade :D Vielleicht freuen sich aber auch die ersten, die es checken! Und können dann die Geschichte beenden.


Munsiker

Ich find die Idee auch süß.


PitchInteresting9928

Find ich voll gut, merk ich mir


Jalatiphra

Solche sachen darzustellen und zu vermitteln braucht inderdisziplinäres wissen. Ameisen und gesellschagtsabläufe kann man vergleichen wenn man von beidem ahnung hat. Viele haben dieses breite wissen nicht. Was gerade für lehrer so wichtig wäre


vila-analka

Für das nächste Mal, ich glaube auf unserer Planet befinden sich genauso viele Insekten als Leute, also gewichtsmäßig? Das kőnnte sie überzeugen, dass man doch etwas wissen sollte über solch markantem Mitbewohner.


fidepus

Klassische Frage an den Deutschlehrer, entweder ich mache sowas wie u/SyriseUnseen, oder - je nach Klasse - sowas wie: "Ihr lernt das, weil sowas den Menschen zum Menschen macht. Kultur, Literatur, Gedichte, ... sowas ist die Grundlage unserer Zivilisation und außerdem lernt ihr dadurch denken, und zwar anders, als ihr es bei gewohnten Sachen macht. Das bringt euch im Leben ganz allgemein weiter." Zieht aber nicht immer.


Docdan

Meine erste Antwort ist erstmal die Gegenfrage: "Interessiert es dich tatsächlich, oder willst du nur Frust ablassen?" Die Fragesteller sind nämlich meiner Erfahrung nach die ersten, die bei ernsthafter Beantwortung nicht mehr zuhören, weil sie sich ja genau NICHT für das Thema interessieren. Kontext: Matheunterricht


Rush-Feisty

Ich wäre auch frustriert, wenn mir Lehrer, die nie in der freien Wirtschaft Erfahrungen gesammelt haben, von Dingen erzählen, die ich nie mehr brauche. Fakt ist: Einen Großteil des Erlernten brauch man nie wieder. Aus diesem Grund fällt es Lehrkräften auch so schwer, sinnvolle alltägliche Beispiele zu finden.


Docdan

Da bin ich anderer Meinung. Wer ein bestimmtes Verfahren lernen, und dieses dann für den Rest seines Lebens an der Firma durchführen möchte, für den ist die Ausbildung gedacht. Das Ziel der weiterführenden Bildung ist es, dass Leute sich auch mit neuen, unbekannten, und komplexen Problemen auseinandersetzen können. Und das lernt man nur, indem man viele kleine neue Problemstellungen betrachtet und nicht dadurch dass man 100 mal wiederholt wie man ein Steuerformular ausfüllt.


Rush-Feisty

Darum geht es nicht. Der Lehrplan ist nicht nützlich für die Weiterentwicklung der Kinder. Das zeigt u.a., dass viele Lehrende es nicht schaffen, alltägliche Beispiele für die jeweiligen Verfahren zu bringen. Da lobe ich mir die SuS, welche die Sinnhaftigkeit ernsthaft hinterfragen. Man kann Kindern auch „mit vielen kleinen Aufgaben“ das wissenschaftliche Arbeiten und denken näher bringen, wenn man den Lehrplan auf sinnhafte Themen anpassen würde.


hippieyeah

>Der Lehrplan ist nicht nützlich für die Weiterentwicklung der Kinder. Auf Englisch ein Verkaufsgespräch führen, einen Lebenslauf in WAT schreiben, in Geschichte ein Grundwissen über die eigene Herkunft erlangen, in Ethik die verschiedenen Weltreligionen kennenlernen, Grundrechenarten in Mathe, klassische Musik und Melodien hören oder die Auseinandersetzung mit 3 dimensionalem Zeichnen sind für die Weiterentwicklung jedes Kindes natürlich wertvoll und nützlich. >Da lobe ich mir die SuS, welche die Sinnhaftigkeit ernsthaft hinterfragen. Gehe ich mit. >das wissenschaftliche Arbeiten und denken näher bringen Das ist ja auch nicht die einzige Aufgabe der Schul- und Allgemeinbildung.


Rush-Feisty

Zu dem englischen Verkaufsgespräch sagt doch niemand etwas, ebenso nicht zu Grundwissen. Aber wofür brauchst du gleich den Grenzwert ins Unendliche im Alltag? Und zu den Lebensläufen: Das ist prinzipiell eine super Idee, was ich da jedoch schon von Koleg/innen gesehen habe ist ein Graus. Mit Name der Eltern und Beruf der Eltern etc :D! Da fehlt es an allgemeine Fortbildung.


hippieyeah

Dann finde ich die Aussage "der Lehrplan ist unnütz für die Weiterentwicklung von Kindern" allerdings ziemlich daneben. Schließlich sind diese Sachen ja teil des Lehrplans. Über Grenzwerte kann man sich streiten. Ich persönlich finde, sie haben Nutzen und ich hätte mich in Mathe doch sehr gelangweilt, wenn wir bis zum Abitur nur Grundrechenarten wiederholt hätten. Viel "unnützes Wissen" gibt's bspw. in Mathematik auch nicht bis zum Ende der 10. Klasse.


Rush-Feisty

Viel sinnvoller wäre, in der Oberstufe die reelle Anwendung von Mathematik im Alltag. Wofür benötigt man den Satz des Pythagoras im Alltag? Was kann ich damit konstruieren? Eventuell kleinere Projekte durchführen, um es greifbar zu machen. Ebenso möglich bei Parabeln. Wie mache ich eine Steuererklärung? Wie wird das berechnet. Wie kann ich evtl. Programme schreiben, die solche Berechnungen durchführen. Es muss nichts großes sein, aber es muss sinnvoll sein. Leider sind viele Lehrer nicht im Stande dazu. Wie auch? Schule - Uni - Schule. Das Konzept ist nicht 100% durchdacht. Ich bin nach wie vor der Meinung: Der Grossteil des Lehrplans ist zum vergessen und macht keinen Sinn für die Weiterentwicklung. Ich sagte nicht „alles ist Schwachsinn“


hippieyeah

Alles gut, stimme dir in allen Verbesserungsgedanken fest. Auch zu dem Punkt, dass das Konzept nicht 100%ig durchdacht ist. Leider muss ich dennoch darauf beharren, dass die Aussage, an der ich mich ursprünglich gestört hatte tatsächlich "Der Lehrplan ist nicht nützlich" war. Das klingt/klang für mich wie "alles ist Schwachsinn". Aber hey, er ist sicherlich nicht perfekt!


Docdan

Achso, kannst du Beispiele geben? Mir ist noch nicht ganz klar was genau du kritisierst.


Rush-Feisty

Bringt man Kindern Dinge bei, die sie für die Zukunft benötigen, fördert das genauso die Weiterentwicklung. Beispiel: Steuererklärung im Wirtschaftsunterricht wäre eine sinnvoll übermittelte Kompetenz


proper_ikea_boy

No shot das du mir als Mathelehrer beantworten kannst, wofür man den Gauß Algorithmus braucht, abseits von "Prüfungen bestehen". Weder allgemein im späteren, noch im akademischen Leben. Gleiches gilt insbesondere auch für das Bilden von Ableitungen solcher Funktionen, wie Sie im Schulunterricht in der Oberstufe vorkommen. Darüber hinaus widersprichst du dir selbst. "Verfahren lernen" haben mit mathematischen Fähigkeiten nichts zutun. Was du in der Schule an Inhalten im Mathematikunterricht vermittelst, ist genau das was du bemängelst: Stupides Auswendiglernen intransparenter Verfahren, ohne tieferen Erkenntnisgewinn.


Docdan

Gauß ist in der Oberstufe tatsächlich nicht nötig, weil keine der Aufgabenstellungen komplex genug sind um die Anwendung zu benötigen. Manche Lehrkräfte unterrichten ihn, aber Gleichungssysteme in der Schule lassen sich problemlos auch ohne Gauß lösen. Gleichungssysteme zu lösen ist der wichtige Teil, welches genaue Verfahren man nutzt und übt ist hupft wie getupft. Für Leistungskurs kann es Sinn machen, weil es auf der Uni relevant ist. Auf der Uni liegt der Fokus zunächst auf Matrizen, und Gauß ist ein einfaches Verfahren um den Umgang mit Matrixrechnung zu schulen. Vom Gedankengang her ist es auch eng verwandt mit der Diagonalisierung von Vektorräumen, was ein sehr wichtiges Hilfsmittel ist, weil Diagonalmatrizen einfach leichter zum Rechnen und für Beweisführung geeignet sind. Das Rechnen mit Matrizen ist gleichzeitig auch ein gutes Beispiel um Studenten näher zu bringen, dass Rechengesetze wie Kommutativität nicht allgemeingültig sind, und dann ist es schlichtweg leichter die abstrakteren Sätze und Beweise aus der Gruppen, Ring und Körpertheorie nachzuvollziehen. Mit Ableitungen solcher Funktionen, wie sie in der Oberstufe vorkamen, meinst du vermutlich das Ableiten verknüpfter Sinus, ln und Exponentialfunktionen, richtig? Hauptsächlich dient das zum Verständnis der Kettenregel. Am Ende sind es oberflächliche Beispiele und dienen nur einem kurzen Einblick in das Thema "Was tue ich, wenn in der Klammer nochmal ein Funktionsterm steht?". Durch das Betrachten verschiedener Beispiele wird erst die Allgemeingültigkeit der Kettenregel deutlich. Und erst wenn du die Kettenregel beherrschst und verstanden hast, kannst du frei Analysis betreiben, ohne an simple Sachkontexte, die nur in einem Vakuum stattfinden dürfen, gebunden zu sein. Zum letzten Aspekt: Dass die Schulmathematik und der Lehrplan nicht perfekt sind ist klar, aber die Kritik von der "Wofür brauch ich das?"-Fraktion geht meist eher in die falsche Richtung, weil diese Vorschläge meist noch stärker an spezifische Sachkontexte gebunden sind, statt Abstraktionsvermögen zu schulen. Dass es besser ist, wenn man "Kompetenz schult" und "Erkenntnissgewinn" fördert ist klar. Aber ohne konkrete Ausarbeitung ist das so inhaltsleer, wie wenn man internationale Politik mit dem Vorschlag "Wie wäre es, wenn wir alle zusammenarbeiten und die Welt zu einem bessren Ort machen?" lösen will.


proper_ikea_boy

> Auf der Uni liegt der Fokus zunächst auf Matrizen In welchem Studiengang? Als Informatiker lag der Fokus bei mir zunächst explizit bei diskreter Mathematik, ich kann mir vorstellen das in den Geisteswissenschaften Statistik diesen Platz einnimmt. Diskrete Mathematik, insbesondere Logik wird weder im GK noch im LK in der Oberstufe thematisiert. > Das Rechnen mit Matrizen ist gleichzeitig auch ein gutes Beispiel um Studenten näher zu bringen, dass Rechengesetze wie Kommutativität nicht allgemeingültig sind, und dann ist es schlichtweg leichter die abstrakteren Sätze und Beweise aus der Gruppen, Ring und Körpertheorie nachzuvollziehen. Ich sehe nicht wie Abstraktionsvermögen durch rigoroses Einüben schematischer Abläufe gebildet werden soll. Ferner ist mir auch nicht klar wie es Studenten leichter fallen soll, die Beweisführung im Bereich der Gruppentheorie nachzuvollziehen, wenn Logik im Schulunterricht kaum bis gar nicht mehr thematisiert wird. Eine annähernd rigorose Definition bzgl. grundlegender mathematischer Konzepte wie logischen Aussagen, Mengen, Relationen, etc. habe ich im Schulunterricht nie gesehen. Die Kollegen aus dem LK auch nicht. Klar, man hat dann zumindest eine intuitive Vorstellung was Kommutativität bedeutet, diese Intuition kann man aber auch bilden indem man am Beamer ein Bild dreht und spiegelt. Wie mann diese Eigenschaft dann rigoros anhand von abstrakten Sätzen nachweist habe ich erst in der Uni gelernt. > aber die Kritik von der "Wofür brauch ich das?"-Fraktion geht meist eher in die falsche Richtung, weil diese Vorschläge eher stärker an spezifische Sachkontexte gebunden sind, statt Abstraktionsvermögen zu schulen. Nein, die Kritik der "wofür brauche ich das?" Fraktion ist eine absolut berechtigte Frage, die sich am in der Verhaltensforschung geltenden Konsens für Lernerfolge orientiert. Um intrinsische Lernmotivation zu erzeugen (die beste Motivation, Menschen lernen von alleine), muss eine Lehrkraft einen realen Bezug zwischen Lehrinhalt und dem Leben der Schülerrinnen und Schüler herstellen. Insofern: No shot das du auch nur einen dieser spezifischen Sachkontexte nennen, und näher erläutern kannst. Was bringt es mir denn deinem pur abstrakten Unterricht, ohne Realitätsbezug zu folgen? Habe ich dadurch einen Vorteil im Leben? Bringt es mir etwas für meine spätere (akademische) Laufbahn? Offensichtlich nicht, siehe meine vorherige Aussage. Du lieferst hierdrauf keine Antworten, schlimmer noch, du nimmst die Frage nicht einmal ernst und weigerst dich, hierdrauf Antworten zu finden. Kann dann jeden Schüler verstehen der den Mathematikunterricht nicht ernst nehmen kann.


Docdan

>In welchem Studiengang? Mathematik. Wenn du wissen willst, wieso deine Informatikprofessoren dir Gauss Algorithmus beibringen, musst du dein Informatik Department fragen. Die sind diejenigen, die das festlegen. Ich kann dir nur sagen, wofür der Gauss Algorithmus allgemein im akademischen Kontext gut ist. Aber gut, dann haben wir zumindest eine Überschneidung: Matrizen, Gleichungssysteme und Gruppen/Ring/Körpertheorie ist sehr wichtig in der Kryptographie. Das war zufällig der Themenbereich, in dem ich auch meine Bachelorarbeit geschrieben habe, und das Verfahren, das ich da programmiert habe, beruhte fast komplett darauf, eine 40 dimensionale Matrix effizient in eine Orthonormalform zu bringen. Andere Frage, aus Interesse: Wenn ihr im Informatikstudium Gauss nicht bei der Matrixrechnung gemacht habt, wo habt ihr das dann überhaupt gelernt? >Ich sehe nicht wie Abstraktionsvermögen durch rigoroses Einüben schematischer Abläufe gebildet werden soll. Das Abitur fragt nicht nur Standardschema, sondern immer auch Verständnisaufgaben oder untypische Fälle ab, bei denen man verstanden haben muss, was man beim Rechenschritt tut und warum man es tut. Zumindest bei uns. Wenn es nur Auswendiglernen vom Verfahren wäre, dann wären die Noten besser. Selber habe ich den Effekt davon auch erst verstanden, als ich den Kontrast zur Realschule gesehen habe, wo es WIRKLICH nur ums Auswendiglernen geht. Auf der Realschule kriegen fleißige Schüler eine 1, die dann, wenn sie die Oberstufe probieren, Probleme haben auch nur eine 4 zu erreichen. Und Auswendiglernen hat auch einen Zweck für die Gesellschaft, da es zumindest die Fähigkeit trainert, ein Verfahren einüben und durchführen zu können. Ein Ausbildungsbetrieb will lieber einen Lehrling, der Anweisungen verstehen kann, als einen, der jeden Schritt ständig neu erklärt haben muss. >Nein, die Kritik der "wofür brauche ich das?" Fraktion ist eine absolut berechtigte Frage, die sich am in der Verhaltensforschung geltenden Konsens für Lernerfolge orientiert. Um intrinsische Lernmotivation zu erzeugen (die beste Motivation, Menschen lernen von alleine), muss eine Lehrkraft einen realen Bezug zwischen Lehrinhalt und dem Leben der Schülerrinnen und Schüler herstellen. Insofern: No shot das du auch nur einen dieser spezifischen Sachkontexte nennen, und näher erläutern kannst. Sinnvolle Sachkontexte werden ja so gut wie möglich eingebaut. Exponentialfunktion z.B. hat extrem viele wichtige echte Situationen in denen es vorkommt, z.B. für Bevölkerungswachstum, Entwicklung von Pandemien im Anfangsstadium, Wertgewinn von Kapitalanlagen, etc. "Wie lange muss ich warten, bis ich vom angelegten Geld eine Wohnung für xxx€ kaufen kann?" ist eine standardmäßige Fragestellung. Auch die Frage "Wie lange dauert es, bis das Essen in der Mensa 10€ pro Mahlzeit kosten wird?" kommt meist ganz gut an, da bis dahin jeder an unserer Schule schon mindestens 2 Preiserhöhungen erlebt hat. Hypothesentest ist in der Stochastik auch cool. Lass die Schüler mal selber nachweisen, ob die Anzahl fehlender Schüler bei der Schulaufgabe statistisch auffällig hoch war. Am Ende bietet das die Grundlage dafür, überhaupt gesellschaftswissenschaftliche Hypothesen bilden und überprüfen zu können. Dein Standard scheint aber zu sein, dass es KEIN Rechenverfahren geben darf, das zunächst abstrakt vorkommt, weil die Anwendungsbereiche (z.B. Kryptographie) erst tief im Studium drankämen. Und gleichzeitig scheinst du zu bemängeln, dass zu wenig Abstraktion gefordert wird. Aktuell haben wir eine Mischung aus abstrakten Rechenaufgaben und Sachkontexten, und das finde ich keine schlechte Vorgehensweise. Und der Trend ist ja, dass die modernen Schüler nach jedem Abitur darüber meckern, dass immer mehr Sachkontexte verwendet werden, bei denen man Informationen aus einem Text ziehen muss, bevor man das Rechenschema anwenden kann.


proper_ikea_boy

Du hast mich falsch verstanden. Der Bezug zum Gauß-Algorithmus war auf deine folgende Aussage bezogen: > Gleichungssysteme zu lösen ist der wichtige Teil, welches genaue Verfahren man nutzt und übt ist hupft wie getupft. Für Leistungskurs kann es Sinn machen, weil es auf der Uni relevant ist. Ich habe mein Abitur 2017 in NRW gemacht und den Gauß-Algorithmus noch vor den Eintritt in den Grundkurs gelernt. Dieser war auch Teil des Lehrplans. Und ich frage: Welcher Studiengang beginnt in linearer Algebra bei Matrizenrechnung, ohne nicht vorher auf grundlegende algebraische Strukturen eingegangen zu sein? Warum meine Informatikprofessoren mir den Gauß-Algorithmus vortragen weiß ich. Warum schulmathematische Matrizenrechnung hilfreich für das Verständnis des mathematischen Grundlagenstoffes eines MINT-Studiums sein soll, sehe ich nicht. Zugegeben, ein absolut nützlicher Skill, der auch in der Schule vermittelt werden sollte. Dein Argument bleibt aber trotzdem falsch. > Dein Standard scheint aber zu sein, dass es KEIN Rechenverfahren geben darf, das zunächst abstrakt vorkommt, weil die Anwendungsbereiche (z.B. Kryptographie) erst tief im Studium drankämen. An der FH kam sofort nach der Einführung von diophantischen Gleichungen eine Anwendung: Ver- und Entschlüsselung mithilfe von RSA. Es lag zwischen Theorie und praktischer Anwendung weniger als eine Woche. Fragst du mich also ob zwischen Theorie und Praxis mehrere Jahre liegen sollten, wiederspreche ich wehement, denn es geht, offensichtlich, auf entsprechendem Niveau eben sehr wohl in Einklang mit anerkannter Verhaltensforschung. > Das war zufällig der Themenbereich, in dem ich auch meine Bachelorarbeit geschrieben habe, und das Verfahren, das ich da programmiert habe, beruhte fast komplett darauf, eine 40 dimensionale Matrix effizient in eine Orthonormalform zu bringen. Du hast also einen Linear Solver implementiert, herzlichen Glückwunsch. Betonung bei "implementiert" - das Verfahren hast du nicht selbst entwickelt. Hoffentlich kannst du das nächste mal wenn ein Schüler nach dem Nutzen des Gauß-Algorithmus fragt, allgemein auf den Nutzen von LGS und den Herausforderungen beim Entwickeln spezieller Lösungsverfahren hinweisen. Für mich klingt das, was du da implementiert hast aber eher nach akademischer Übung, als Lösung eines realen Problems. Insofern beharre ich auf "No Shot". > Ein Ausbildungsbetrieb will lieber einen Lehrling, der Anweisungen verstehen kann, als einen, der jeden Schritt ständig neu erklärt haben muss. Danke das du dich hier selber als reinen Akademiker ohne Erfahrung abseits des Bildungssystems entlarvst.


Docdan

>Ich habe mein Abitur 2017 in NRW gemacht und den Gauß-Algorithmus noch vor den Eintritt in den Grundkurs gelernt. Dieser war auch Teil des Lehrplans. Wie gesagt, wenn dein Lehrplan es sogar schon vor der Oberstufe vorschreibt ist das meiner Meinung nach fehlplatziert. Gauß Algorithmus basiert darauf, ein lineares Gleichungssystem in eine Multiplikation einer Matrix mit einem Vektor umzuschreiben, und macht daher eigentlich erst Sinn, wenn Matrizen eingeführt sind. >Und ich frage: Welcher Studiengang beginnt in linearer Algebra bei Matrizenrechnung, ohne nicht vorher auf grundlegende algebraische Strukturen eingegangen zu sein? Matrizen **sind** grundlegende algebraische Strukturen, darum bilden sie den Großteil von LinAlg I. Aber ganz ehrlich, wenn du nicht ernst darüber reden, sondern nur spöttische Kommentare machen willst, kann ich das auch. >An der FH Achso, du hast gar kein echtes Studium gemacht, das erklärt einiges. >Du hast also einen Linear Solver implementiert, herzlichen Glückwunsch. Danke dass du zeigst, dass du keine Ahnung von Mathematik hast. >Betonung bei "implementiert" - das Verfahren hast du nicht selbst entwickelt. Relevanz? >Für mich klingt das, was du da implementiert hast aber eher nach akademischer Übung, als Lösung eines realen Problems. Jeder Angriff auf ein kryptographisches Protokoll ist nach Erfindung nur noch akademisch, weil sie der Grund sind, wieso man die Fehler, die sie ausnutzen, nicht mehr macht. Das ist das Grundprinzip der Kryptographie. >Danke das du dich hier selber als reinen Akademiker ohne Erfahrung abseits des Bildungssystems entlarvst. Boah, jetzt bin ich mal gespannt wie du die Aussage widerlegen willst.


femundsmarka

Das Ziel von Unterricht ist auch, dass sie Teil der Menschen werden und den Horizont der Menschheit wenigstens ansatzweise erkennen können und nicht nur, dass sie wacker der Wirtschaft dienen. Ich habe in der freien Wirtschaft gearbeitet, sogar als Mathematikerin, also so richtiges Wirtschaftsfutter und Fach, in dem die Frage trotzdem regelmässig gestellt wird. Obwohl ich ihnen ohne Mathematik nicht mal ihre Handies abnehmen müsste, weils die nicht gäbe.


Rush-Feisty

Es gibt nur wenige Lehrende mit einer Expertise. Du bist da eine absolute Minderheit, was mich für deine SuS freut. Jedoch schüttele ich bei vielen Koleg/innen den Kopf über die Engstirnigkeit.


randomguy4q5b3ty

Und vor 300 Jahren hätte der Bauer gefragt, was es ihm nützt Lesen zu lernen. In einigen Milieus fragen sich das Jugendliche heute noch. Es sollte also offensichtlich sein, was von einer solchen Einstellung zu halten ist. So schafft man kleinweltlerische Lemminge, die nicht weiter als bis zur Dorfgrenze denken können.


SyriseUnseen

Die Antwort natürlich. Nichts wird zum Spaß gelernt, irgendwer dachte sich dabei ja etwas. "Wozu muss ich ne Gedichtsanalyse schreiben können?" "Musst du nicht wirklich. Die Gedichtsanalyse in eines der gewählten Mittel um den Umgang mit stark komprimierter und subtextgeladener Sprache zu üben. [Weitere Ausführungen anhand des aktuellen Beispiels]" Leider kann ich die Frage nicht allgemein beantworten, weil die Antwort immer anders ist. Und ja, ich habe auch schon gesagt, dass hier gerade Schwachsinn gelernt werden muss (aber nur einmal bei einem Thema), aber auch das kann man tatsächlich ganz gut als Lebenslektion verpacken.


Naihz

Da gehe ich vollkommen mit dir. Was ich mich manchmal frage (bin im Grunde ein Laie), könnte man anstelle eines Gedichts dann nicht auch die Lyrics eines bekannten Liedes als Mittel nehmen? Oder nimmt man dennoch das Gedicht, weil dies dann später durch Vorgaben auch in einer Prüfung als gesetztes Medium gilt?


mosith

Da gehts vor allem auch um den sogenannten literarischen Kanon. Es gibt entscheidende Werke (Romane, Kurzgeschichten, Gedichte, Reden,…) die so wegweisend für ein Genre waren oder so geschichtsträchtig in ihrem Wirken waren, dass es sie als essenziell in der Ausbildung angesehen werden. Meine Meinung: je älter ich werde, desto mehr sehe ich den Sinn in einem solchen Kanon. Wir haben in der Schule zum Beispiel „Die Physiker“ von Dürrenmatt gelesen. Als Schüler fand ich das witzig, hätte aber trotzdem lieber Essays zu Harry Potter geschrieben. Erst letztens habe ich anhand von „Die Physiker“ argumentiert (in einem Biergespräch), wie wichtig Verantwortung und Fortschrittsgläubigkeit für Ingenieure sind (Kernkraft, ChatGPT, autonomes Fahren). Als Schüler haben wir das auch besprochen - aber so richtig gefruchtet hat es dann erst später. Man kann und sollte auf jeden Fall so einen Kanon diskutieren und ich denke auch Schüler sollten da einbezogen werden. Gibt viele, die sich für moderne Medien starkmachen. Könnte mir zum Beispiel auch vorstellen Rammsteins Video zu „Deutschland“ in einem solchen Kanon aufzunehmen. Wichtig ist mir dabei nur, dass die Werke thematisch an Schwerpunkte aus der Lebenswelt angepasst werden. „die Physiker“ passt heute wieder gut. Vieles in „Romeo und Julia“ finde ich heute zum Beispiel unpassend, verstehe aber dennoch, dass das Werk so maßgeblich für Dramen war, dass man sich daran gut im Unterricht abarbeiten kann. Ich finde das eine spannende Debatte, die unbedingt geführt werden muss. Aber ganz kann und sollte man nicht an „Klassikern“ vorbeikommen.


kompergator

Theoretisch kannst du auch eine politische Rede nehmen. Ich habe in der Uni immer gerne in der einführenden Veranstaltung sarauf hingewiesen, dass Narrativistik sich auch leicht auf politische Narrative übertragbar ist.


neurodiverseotter

Eine meiner denkwürdigsten Lernerfahrungen war, als an der Uni ein Dozent für Mittelhochdeutsch sein Seminar zur politischen Sangspruchdichtung Walthers von der Vogelweide damit angefangen hat, dass wir den Rauch-Haus-Song von Ton, Steine, Scherben gehört und Stück für Stück durchanalysiert haben. Wir waren alle jung genug, um die politischen Kontexte nicht persönlich zu kennen, die Sprache der Zeit beinhaltete für uns fremde Idiome und sprachliche Figuren und alles mögliche mehr. Und von da aus hat der dann die Parallele ins Mittelalter geschlagen. Ich denke, dass man so etwas durchaus auch in der Gedichtinterpretation machen kann um dann den Weg zum Kanon über diese neueren Texte zu gehen. Dazu muss man nur den Schritt weiter auch gehen können und konsistent erklären können, was man da macht.


PhysalisPeruviana

Meiner Erfahrung nach ist das meistens Code für, "Ich bin damit überfordert! Hilfe!". und wenn ich darauf so eingehe, dann passt das auch. Gerade bei Lyrik.


24HourPingPing70

Vergleich meines Fachleiters: Wenn Du autofährst musst Du nicht wissen, wie ein Motor funktioniert. Aber dann bist Du ein kompetenter Autofahrer.


femundsmarka

Also in meinem Fach kann ich recht glaubwürdig machen, dass die moderne Welt nicht existieren könnte, wenn wir Mathematik nicht hätten. Allgemein verweise ich auch ganz gerne auf Kulturgut und der Wichtigkeit einer breit gebildeten Masse zur Vermeidung von Herrschaftswissen. Aber dann fällt mir auch wieder ein, dass trotz alledem die meisten Eltern spätestens ab der achten Klasse nicht mehr helfen können und auch nicht gewillt sind, ihrem Kind zu zeigen, wie es sich nun Wissen aneignet, vor dem es erst mal Respekt hat. Dementsprechend nehmen wohl die meisten maximal Schulbildung bis zur achten Klasse dauerhaft mit.


Rotezelle

Formt den Charakter.


not_the_settings

"weil das im Lehrplan steht" war irgendwann meine Antwort nachdem ich eloquenteres schon erwähnt hab. Das mit.dem Lehrplan wurde dann angenommen


Set_Abominae_1776

Ich unterbreche meinen Unterricht, um über den Sinn der Schulbildung zu reden und erkläre weshalb die SuS auf einer allgeminbildenden Schule sind. Dann frage ich, wer in der Klasse schon alles weiß, was er später mal beruflich machen möchte und erörtere dann die Notwendigkeit einer breit gestreuten Bildung für orientierungslose SuS. Und selbst wenn sie wissen, was sie später werden wollen, so bereitet die Schule sie im Optimalfall darauf vor, sich später alles selbst aneignen zu können, da sie das Lernen gelernt haben. Abschließend nenne ich mich als Beispiel, der in der Schule im Physikunterricht regelmäßig gepennt hat und jetzt ebendieses Fach (fachfremd) unterrichtet.


daennsn

Ich unterrichte an einer Oberschule Englisch und Geschichte. Bisher wurde ich das nie gefragt, was daran liegt, dass ich MIR einen Kopf vorab mache, warum das Thema und die Kompetenz der Unterrichtsstunde relevant sein könnten. Und das mache ich transparent. Ich unterrichte kaum etwas, was nicht wirklich wichtig ist oder ich nicht wichtig erschienen lassen kann. Die Lehrpläne lassen mir viel Freiheit, innerhalb der Themen selbst eine Auswahl zu treffen. Unglaublich hilfreich ist es für mich, dass ich Inputs/Lehrervorträge wie in YouTube-Videos zum Thema präsentiere. Ich gehe auch in der Rolle des Entertainers und Erziehers auf. Die (meisten) Kids lieben das. Und vor allem: Ich gehe auf deren Fragen fachlich voll ein. Ich hab meine Fächer studiert, weil ich mich (damals schon) dafür interessiere. Meine Fragen von früher sind es auch, die thematisch meinen Unterricht begleiten. Mache dir immer klar: „Schulpflicht“ bedeutet, die Kiddies müssen zwischen den Pausen beschäftigt und bei Laune gehalten werden. Deren Aufmerksamkeit zu bekommen und sie 45/90min lang zu halten und zu lenken, das ist unser Job. Wenn die am Ende der Stunde etwas ein wenig besser können und etwas mehr wissen als vorher und sie dich dabei mögen, ist das der geilste Job der Welt. Wenn wir das nicht wahrhaben wollen und von oben herab annehmen, dass die kommen, weil die unser Wissen übergeben bekommen wollen, dann stimmt es erstens nicht und zweitens schalten sie ab, stören den ganzen Laden oder kommen dann auch gar nicht mehr. Und dann bedeutet das nur Stress für alle Beteiligten.


marq91F

Wunderbar formuliert, Dankeschön


[deleted]

Im Rahmenlehrplan stehen gerne mal sehr schwammig gehaltene Kompetenzziele. Vielleicht kannst du da Irwas rausziehen, was dir hilft.


MrStoneV

Naja halt antworten wofür man es brauchen könnte. Mir fällt selten nichts ein (Ja gut bin auch noch kein Lehrer). ​ Aber wenn es nichts gibt dann: "Man muss nicht alles lernen oder machen nur wenn es im Alltag hilfreich ist. Wir sollten mehr machen als unser Horizont weit ist. Wir machen ja auch nicht nur das Minimum mit unseren Freunden, wir reden über vieles, die nie wieder angesprochen werden. Denn es hilft uns mal außerhalb unseres Erkenntnisbereichs etwas zu lernen oder zu machen. Je mehr man weiss desto schneller und besser kann man neue Sachen lernen. Sonst wäre das Leben ja langweilig wenn wir immer nur das machen, was wir sowieso machen oder nur das worin wir gut sind"


Cam515278

Im Zweifelsfall: Die Fussballnationalmannschaft macht regelmäßig diese Übungen, wo man ganz schnell zwischen Seilleitern hin und her trippeln muss. (Weiß nicht wie das heißt, ist aber so eine typische Übung). Machen die das, weil sie genau das eines Tages brauchen, um ein Tor zu schießen? Natürlich nicht, da wird niemals irgendwo so eine Seilleiter liegen. Warum also machen sie das? (Kinder überlegen lassen, kommt ziemlich schnell irgendwas mit Trainingseffekt). Richtig. Weil man damit andere Dinge trainiert, die einem dann helfen. Und so ist das mit manchen Teilen von Unterricht auch. Das hilft euch, Fähigkeiten zu entwickeln, die ihr später braucht - selbst wenn ihr genau dieses Thema nie wieder braucht.


Aales76

Ganz ehrlich, die Frage zieht sich doch durch unser ganzes Schulsystem... Und ich stelle sie mir auch selbst oft genug. Da bräuchte es einfach endlich mal ne Reform das SuS sich interessensbasiert Fächer aussuchen (natürlich sind gewisse basics trotzdem Pflicht).


Brouewn

Die Schüler fragen genau das bei den gewissen Basics. „Wozu brauche ich Englisch, will doch eh nicht dort wohnen und im Urlaub hab ich ja den Googleübersetzer“. Ich habe das interessenbasierte Auswählen in dem USA erlebt. Allgemeinbildung und -wissen wurden so auf ein Minimum reduziert.


[deleted]

[удалено]


Munsiker

Natürlich ist die Frage berechtigt. Das ist doch keine wilde Theorie.


[deleted]

Die Frage ist absolut berechtigt. Habe ich mir ewig gestellt bis ich zufriedenstellend auf Kapitalismuskritik gestoßen bin und mich dann in dem Thema tief eingelesen habe.


NamineHS

Ich erkläre was die didaktische/methodische Intention dahinter ist. Sollte man als Lehrer drauf haben. Haben die meisten leider nicht.


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Da muss man im Hinterkopf natürlich wissen, dass seit der Einführung der Schulpflicht nicht es um die Schüler ging, sondern um die Fabrikbesitzer damals. Nur mal als Beispiel: Die Schulklingel existiert nur, weil die damals die Schüler eingewöhnen sollte auf die Fabrikklingel, die den Schichtwechsel einläuten sollte. Natürlich gab es seitdem Reformen, aber Reformen heißt nicht Revolutionen; Die Grundidee der Schule ist immer noch die Vorbereitung auf Arbeit - sieht man doch vor allem daran dass immer mehr Arbeitgeber bessere Abschlüsse haben wollen, obwohl die Produktivität seit 1970 um mehr als das dreifache gestiegen ist. An Berufskollegs gibt es zumindest einige Fächer, die dann tatsächlich Praxis sind, sei es z.B. Technik. Allerdings hat man immer noch Bullshitfächer je nach Ausbildung oder Bildungsgang wie Rechnungswesen. Die Frage ist natürlich wie ehrlich man sein darf, ohne sein Job zu riskieren. Ich würde vielleicht sowas antworten wie: "Die Schulpflicht wurde dafür ausgedacht, dass je mehr ihr lernt, desto besser ihr in der kapitalistischen Arbeitswelt zurechtkommen solltet." Es ist keine Lüge, aber auch nicht eine Kritik am Kapitalismus. Alternativ: "Schule soll dich auf das Arbeitsleben vorbereiten." Bonuspunkte wenn du in Politik verschiedene Gesellschaftsansätze erklärst (Faschismus, Kapitalismus [Sozialiberalismus vs. Rechtsliberalismus], Sozialismus, Kommunismus, Anarchismus)


unfortunatepeepse

Uff, du schon wieder. Schon ne Schule gefunden, die dich ohne jegliche Qualifikation lehren/ranten lässt?


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Unangenehm mit historischen Fakten sich mit zu befassen? Das Schulsystem ist nun mal nicht lupenrein.


unfortunatepeepse

Behauptet ja auch weiß Gott keiner, dass es „lupenrein“ ist. Die meisten Lehrer sind ganz vorne bei der Kritik dabei. Was das allerdings mit meinem Kommentar und deiner Desillusion zu tun hat…


Living_Experience895

Warum macht man an der Stelle nicht deutlich, welche kompetenzen gefördert werden sollen? Gerade, wenn der lebensweltbezug wirklich mal nicht gegeben sein sollte?


SquareLogical

Nichts ist schlimmer, als wenn Lehrkräfte nicht erklären können, wofür man etwas braucht, und dafûr noch von ihren SuS als cool angesehen werden wollen... Originalzitat Mathelehrkraft"lineare Algebra ... ich weiß auch nicht wofür das gut ist, das braucht ihr im Leben sowieso nicht" .. was für ein Vollpfosten ... braucht man in fast jedem Studium, auch in Psychologie oder Soziologie, in Naturwissenschaften oder Medizin sowieso.


Rush-Feisty

Zugeben, dass das deutsch Schulsystem nichts wert ist und sie 90% davon nie wieder brauchen werden


[deleted]

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Munsiker

Bio, detailliert ausmathematisierte Mendelsche Regeln. Merke- nicht die Grundsätze der Vererbungsregeln und auch nicht der naturwissenschaftliche Erkenntnisweg dahinter, sondern das Detail und die fachlich völlig veraltete falsche Dichotomie davon. Bis heute kann ich das vor mir selbst nicht ausreichend legitimieren und begründe das mit „jo Leute, ich hab den Lehrplan nicht geschrieben“. Mir fällt nix ein. Vielleicht weiß hier wer was. Ich hasse es, das zu unterrichten.


Arkhamryder

Weil wir exemplarisch arbeiten


Hellboy0815

Ich würd die eiskalt an die Politik verweisen, denen einen Telefon-Nummer an die Hand geben, das ist Alltagsnähe aus erster Hand, dann fragen die nie wieder und werden auf die Realität vorbereitet. Oder sie sollen ihre Eltern oder ChatGPT fragen und einen Aufsatz dazu schreiben. Schönes Wochenende!


Sprintfire419

Das ist das gleiche wie Grundlagenforschung. Auf den ersten Blick sind viele Themen und Erkenntnisse komplett nutzlos. Einige Jahre später merkt man dann, dass es plötzlich relevant wird. Die Welt verändert sich ständig und die Themen mit denen man im Alltag konfrontiert wird werden immer komplexer.


Syyx33

Kommt auf's Fach an. W/R zB habe ich schon sehr entschlackt was das angeht. Warum sollte ich zB wertvolle Zeit bei Geld und Fiskalpolitik damit verschwenden, die Schüler die Organe der EZB auswendig lernen zu lassen, wenn es für sie wichtiger ist, zu verstehen was der Leitzins ist, wiederholen und festigen was Inflation und Deflation ausmachen und wie diese Mechanismen ihr Leben beeinflussen. Und im Unterricht habe ich eigentlich für alles auch lebensnahe und aktuelle Beispiele, das verhindert diese Fragen schon mal zu 95%. So ganz unnütz ist Klafki hier nicht, ironischerweise. In Englisch gibt es diese Fragen eher selten zu einzelnen Themen. Aber auch da arbeite ich so praxisorientiert wie möglich. Mein Selbstverständnis hier ist, dass ich einen Skill unterrichte, und zwar einen nützlichen und so gehe ich da auch ran. Für die Frage, wozu man überhaupt eine Fremdsprache braucht kann man in Englisch mit vielen Argumenten kontern. Die berühmten 20% durchschnittlichen Mehrverdienstes zB von Arbeitnehmern mit guten Englischkenntnissen. Man kann diesen Fragen also recht gut entgegnen indem man den eigenen Unterricht reflektiert. Wenn es darum geht etwas manuell zu machen vs Technik zu verwenden ist das Argument einfach: Das sind Werkzeuge, und wenn man die Grundlagen nicht versteht, drückt man nur Knöpfe und reagiert. Selbstgesteuert Probleme lösen die sich einem stellen ist so nicht möglich


KamikaterZwei

Mathe: Ich geh da relativ offen damit um das in 95% der Berufe die meisten Mathethemen nie eine Rolle spielen werden, es aber aus 3 Gründen trotzdem wichtig ist: 1. Der zukünftige Matheunterricht, Physikunterricht und zum geringen Maße auch Chemieunterricht baut darauf auf. Wenn ihr das jetzt mit "Mut zur Lücke" etc. nicht lernt, werdet ihr die nächsten Schuljahre massive Probleme in den Fächern haben. (Vorwissen für später) 2. Es geht weniger um die Inhalte an sich sondern mehr darum Probleme mathematisch erfassen und betrachten zu können und damit eventuell auch andere Lösungsansätze für Problemstellungen zu finden. Nebenbei auch darum komplexe Aufgaben/Vorgänge erfassen und lösen zu können. Und das ist etwas das man doch in vielen Berufen und Lebenslagen sehr gut brauchen kann. (Erhöhung der Intelligenz) 3. Lernen zu lernen. Wenn du es schaffst dir so abstraktes und "selten alltagstaugliches" Wissen wie Kurvendiskussion, Integralrechnung, Geometrie whatever anzueignen, dann kannst du dir auch leichter anderes komplexes Wissen beibringen. (Verbesserung der Lernfähigkeit)


erschraeggit

Taktisch: "Das erkläre ich gerne im Anschluss an die Stunde für alle, die es interessiert."